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Liebe Unterstützer*innen und Sandkörner,

die Corona-bedingten Einschränkungen werden langsam gelockert, das Thema dominiert medial etwas weniger – und andere Debatten drängen wieder verstärkt ins Bewusstsein. Die Klimakrise macht keine Corona-Pause, und das Konjunkturpaket der Bundesregierung hat natürlich die Klimagerechtigkeitsbewegung auf den Plan gerufen. Wir haben in den letzten Monaten für eine konsequent sozial-ökologische Ausrichtung der Krisenmaßnahmen und gegen eine weitere Subventionierung fossiler Industrien gekämpft, und werden dies auch weiterhin tun!

In diesem Newsletter:
  • Rückblick auf die Aktionen gegen die #Abfckprämie
  • Das Konjunkturpaket aus Sicht der Verkehrswende
  • Wie weiter mit der Verkehrswende?
  • Aktionen und Prozess zum Dannenröder Wald (geplante A49)
  • Termine
Aktionstag gegen die #Abfckprämie

Vier Wochen ist es nun schon wieder her, dass wir gemeinsam am 29. Mai gegen eine drohende ‘Abwrackprämie 2.0’ und gegen Staatshilfen für ein ‚Weiter-so‘ des autozentrierten Verkehrssystems demonstriert haben.

Der Aktionstag hat deutlich gezeigt, wie effektiv auch dezentraler Aktivismus in diesen für soziale Bewegungen so komplizierten Zeiten sein kann. Und er hat uns das wunderbare Gefühl gegeben, dass wir als Klimagerechtigkeitsbewegung sowie konkret als Sand im Getriebe viele unglaublich engagierte Menschen in allen Regionen haben, auf die wir absolut zählen können, wenn uns in Hinsicht auf unser eigentliches Kerngeschäft – das Organisieren großer, zentraler Aktionen – die Hände gebunden sind.

Einen Rückblick auf den Aktionstag findet ihr hier, eine Auswahl an Presseberichten hier.
Demnächst wird außerdem ein längeres Interview mit unserer Sprecherin Marie Klee zu Konjunkturpaket, Transformation der Autoindustrie und radikaler Verkehrswende im Magazin Trailer erscheinen.

Das Konjunkturpaket aus Verkehrswende-Sicht

Als die Ergebnisse der Beratungen der Koalition verkündet wurden, waren wir geradezu überrascht, dass sich die Autoindustrie mit ihrem Wunsch nach einer Kaufprämie für Verbrenner nicht durchsetzen konnte. Uns wurde klar: Die Proteste auf der Straße haben Wirkung gezeigt!

Union und SPD haben den zivilgesellschaftlichen Druck als zu groß empfunden, um die dreistesten Lobby-Forderungen in ihr 130-Milliarden-Euro-Paket aufzunehmen. Dieses stellt zwar noch längst keinen ernsthaften Schritt in Richtung gerechter Mobilität dar, dennoch gilt: Die politische Macht der Autolobby bröckelt und es entsteht ein Möglichkeitsfenster, um als Bewegung ein wirksames Gegengewicht zum Profitstreben der fossilen Konzerne zu bilden.

Gleichzeitig fordert dieses Konjunkturpaket die radikale Verkehrswende- und Klimabewegung heraus, ihre Position zur E-Mobilität zu schärfen und offensiver in ihr politisches Handeln mit einzubeziehen. Denn klar ist: Auch die Erhöhung der Kaufprämie für E-Autos auf bis zu 9000 € (6000 vom Staat, 3000 vom Hersteller bei Modellen bis 40.000 €) sowie die Investitionen in u.a. Ladeinfrastruktur setzen weiterhin auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) und festigen so den Status quo des ressourcenintensiven, autozentrierten Verkehrssystems.

Eine versteckte Förderung für Verbrenner stellt die auf max. 6750 € aufgestockte Prämie für Hybridfahrzeuge dar. Plug-In-Hybride weisen im realen Gebrauch deutlich höhere Schadstoffemissionen auf als jene, mit denen in den Bilanzen der Hersteller gerechnet wird – siehe dazu die Pressemitteilung von Greenpeace.

Wir erkennen also einerseits als durchaus ungewöhnlich an, dass die Wünsche der Autoindustrie nicht 1:1 von der Politik umgesetzt werden – gleichzeitig sehen wir aber, dass uns das Konjunkturpaket einer echten Verkehrswende nicht näherbringt.
Wenn BMW-Chef Oliver Zipse von einem "positiven Transformationsbeschleuniger" spricht, dann geht er davon aus, Mobilität weiterhin zum Wohle der Konzerngewinne anbieten zu können. Und wenn wir lesen, dass durch die Corona-bedingten Einbußen ein Loch von ca. 5 Milliarden Euro im ÖPNV entstanden ist, dann ist die im Konjunkturpaket enthaltene Finanzspritze kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Wie es weitergeht mit der Verkehrswende

Wir sehen es als zentrale Ziele der nächsten Jahre, Autos konsequent aus den Städten zu verdrängen und mit dem kontrollierten Rückbau der Autoindustrie zu beginnen. Der schwindende politische Einfluss der Branche eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten – jetzt wird es zunehmend darauf ankommen, Zielvorstellungen und konkrete Ideen zu liefern.

Die Autoindustrie inklusive Zulieferbetrieben wird aufgrund von Digitalisierung und der Umstellung auf E-Antriebe absehbar massiv schrumpfen. Die Diskussion um Arbeitsplätze war bereits vor Corona in vollem Gange und wird weiter zunehmen, wobei der Abbau von Jobs fälschlicherweise auch uns als Klimabewegung angelastet werden wird.

Wir halten es für wichtig, von Beginn an aktiv und offen darüber zu sprechen, was mit den Beschäftigten bei einer sozial-ökologischen Konversion der Autoindustrie passiert. Sie müssen frühzeitig in die Diskussion über eine gemeinschaftliche, demokratische und faire Ausgestaltung des Umbaus einbezogen werden. Gelingt das nicht, drohen gerade AfD & Co., dieses Thema massiv in den Vordergrund zu spielen – dem müssen wir zuvorkommen!

Als Klimabewegung haben wir nicht den Anspruch und sollten diesen auch nicht nach außen verkörpern, als Expert*innen für Arbeitsmarktpolitik und Konversion zu sprechen. Dennoch sehen wir es als unsere Aufgabe, hier Debatten anzustoßen und die Wichtigkeit eines gerechten Übergangs zu betonen, der die Beschäftigten mitnimmt. Die notwendige Umstellung der Produktion auf ‘Verkehrswendemittel’ wie Straßenbahnen, E-Busse und -Lieferwagen oder Lastenräder ist nur mit ihrem technischem Know-How zu realisieren!

Eine hartnäckige Gegenspielerin haben wir dabei leider noch in der zuständigen Gewerkschaft IG Metall, die sich in der Debatte deutlich für eine Verbrennerprämie ausgesprochen hat. Hier gilt es klarzustellen: Das Festhalten an einem veralteten, nicht zukunftsfähigen Produkt sichert keine Arbeitsplätze, sondern könnte Hunderttausende schon bald unvorbereitet in prekäre und existenzbedrohende Situationen stürzen. Etwaige staatliche Subventionen müssen daher für den öko-sozialen Umbau der Industrie genutzt werden – ebenso wie die milliardenschweren Rücklagen der Konzerne: Alleine VW, Daimler und BMW sitzen auf ca. 180 Mrd. Euro!

Corona hat nicht zuletzt auch gesellschaftliche Debatten über die Umwidmung von öffentlichem Raum angestoßen und Konzepte wie Pop-Up-Radwege fanden plötzlich breite Zustimmung. Aktionen wie am 29. Mai und 2. Juni machen eine positive Vision für lebenswerte Städte sichtbar und erfahrbar. Daran sollten wir anknüpfen und zeigen, dass der sozial-ökologische Umbau ein Plus an Lebensqualität schafft und die Bereitstellung von Mobilität – einschließlich der Produktion der Verkehrsmittel – klimafreundlich und gerecht organisiert werden kann.

Aktionstage und Prozess um den Dannenröder Wald

Durch den gesunden Mischwald östlich von Marburg soll die A49 Kassel - Homberg (Ohm) gebaut werden – trotz jahrzehntelanger Proteste von Bürger*innen der Region. Um eine drohende Rodung abzuwenden, wurde der Wald im Herbst 2019 besetzt. Dass im Jahr 2020 noch Geld für den Neubau einer Autobahn fließen soll, ist ein Schlag ins Gesicht der gesamten Klimabewegung und ein weiterer Schritt in die falsche Richtung, weg von einer echten Verkehrswende!

Am 23. Juni verhandelte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Klage des BUND Hessen, die sich auf Fragen des Wasserrechts bezog. Anlässlich dieses für die Zukunft des Waldes und den Weiterbau der A49 wichtigen Termins riefen die Besetzer*innen zu dezentralen Aktionstagen vom 19. bis 21. Juni auf. Diesem Aufruf schlossen sich zahlreiche regionale und überregionale Klima- und Verkehrswendegruppen an, darunter auch Sand im Getriebe.

Bei Kundgebungen, einer Fahrradtour in den Dannenröder Wald mit rund 130 Fahrer*innen und anderen kreativen Aktionen mit Bannern sowie einer “Waldinstallation” in der Frankfurter Innenstadt bekundeten Menschen ihre Solidarität. Am Tag der Verhandlung selbst gab es eine Demonstration vor dem Gerichtsgebäude mit mehreren hundert Teilnehmenden.

In der Urteilsverkündung bestätigte das Gericht, dass der Planungsfeststellungsbeschluss für den Bau nicht mit der europäischen Wasserrahmenrichtline in Einklang steht. Trotz dieser Feststellung eines Rechtsverstoßes wurde die Klage des BUND Hessen abgewiesen. Die Rodung des Dannenröder Waldes rückt mit diesem Urteil ein Stück näher – aber der Kampf um seinen Erhalt, gegen den Ausbau der A49 sowie von Autobahnen im Allgemeinen wird weitergehen!

Klimakrise? Widerstand! Ihr seid das Getriebe - wir sind der Sand!

Eure Sandkörner

Termine in nächster Zeit
25. bis 27. Juli: Klimacamp München
25. bis 30. August: Kongress 'Zukunft für Alle'
4. bis 18. September: Protestfahrt 'Ohne Kerosin nach Berlin'

https://sand-im-getriebe.mobi
Twitter: @Sand_imGetriebe
Instagram: @_sandimgetriebe_
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