Wir als Sand im Getriebe stellen uns gegen jede Form von rassistischer, antisemitischer, sexistischer, klassistischer und ableistischer Diskriminierung und bemühen uns, strukturelle und individuelle Diskriminierung sichtbar zu machen und zu verändern.

Gleichzeitig nehmen wir wahr, dass wir als Bündnis vorwiegend aus weißen Personen bestehen, viele von uns einen akademischen Hintergrund haben und able-bodied sind. Wir nehmen Kritik an unseren Arbeitsweisen und Strukturen an und möchten diese gern zugänglicher gestalten.

Zu antirassistischer Arbeit:

Wir wissen, dass oftmals die Verantwortung, sich mit Antirassismus auseinanderzusetzen, an BIPOC allein hängen bleibt und finden es wichtig, dass wir uns auch als weiße Personen damit auseinandersetzen. Der Weg zu einer komplett zugänglichen Bewegung ist noch weit und ein ständiger Prozess. So haben wir als Ergebnis eines Antirassismus-Workshops im Juni Vorschläge in den einzelnen Arbeitskreisen dazu entwickelt, wie wir anti-rassistische Arbeit in unseren Themen mitdenken können. An dieser Stelle möchten wir zunächst darlegen, warum wir verstehen, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus gerade für uns als Klimagerechtigkeitsbewegung wichtig ist. Dazu nutzen wir im Folgenden Definitionen und Erklärungen aus dem Projekt „locals united“, deren Broschüre „Kolonialismus und Klimakrise – 500 Jahre Widerstand“, die Problematik weißer Klimagruppen darstellt. Zunächst folgen zur Einführung und Erklärung Definitionen von BIPOC und weiß, wie sie u.a. in der Broschüre verwendet werden:

BIPOC ist eine Abkürzung und steht im Englischen für Black, Indigenous and People of Color und im Deutschen für Schwarz, Indigen und Menschen of Color. Der aus der US-amerikanischen Bürger*innenrechtsbewegung stammende Begriff ist eine bestärkende und solidarische Selbstbezeichnung. Schwarz wird in jedem Kontext großgeschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich weder um ein Adjektiv noch um eine Farbe handelt. Was BIPOC miteinander verbindet, sind geteilte Rassismuserfahrungen, Ausgrenzung von der weiß dominierten Mehrheitsgesellschaft und kollektive Zuschreibungen des “Andersseins”. Es geht also nicht um biologische Gemeinsamkeiten, sondern primär um soziale Gemeinsamkeiten und Erfahrungen. Der Begriff positioniert sich gegen Spaltungsversuche durch Rassismus sowie gegen diskriminierende Fremdbezeichnungen durch weiße Mehrheitsgesellschaften. Die selbstbestimmte Selbstbezeichnung ist eine aktive, empowernde und kritische Handlung und damit wesentlicher Teil der Widerstandsgeschichte gegen den europäischen Kolonialismus und Rassismus.

weiß ist, im Gegensatz zu BIPOC, keine politische, empowernde Selbstbezeichnung, sondern markiert die dominante und privilegierte Position von Menschen innerhalb des rassistischen Systems. Diese Position ist verbunden mit der Erfahrung als gesellschaftlicher Maßstab und Norm zu gelten. Das wird wiederum als selbstverständlich und normal wahrgenommen. Mit der Markierung als weiß werden diese Erfahrung und Wahrnehmung als weiße Privilegien gekennzeichnet und das rassistische Macht- und Unterdrückungssystem sichtbar gemacht. Um deutlich zu machen, dass weiß-Sein keine ermächtigende Selbstbezeichnung ist, wird weiß klein und kursiv geschrieben. weiß meint keine Farbe oder Hautfarbe, sondern ist ein politischer Begriff.

Kolonialismus und Klimakrise:

Der Globale Süden ist bereits jetzt im Schnitt dreimal stärker von der Klimakrise betroffen als der Globale Norden. Der Globale Norden aber ist Hauptverursacher des Klimawandels und Profiteur und hat außerdem durch den Kolonialismus und postkoloniale Praktiken den Globalen Süden über Jahrhunderte hinweg in die Lage versetzt, dass es für viele Länder gar keine Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel gibt. Das heißt nicht nur die Verantwortung ist ungleich verteilt, sondern auch ihre Folgen. 

Warum es gerade deshalb kritisch ist, wenn Klimabündnisse überwiegendweiß sind: 

Der Klimaaktivismus im globalen Norden basiert historisch gesehen auf dem Narrativ des weißen Umweltschutzes, der die Umwelt vor allem als Ressource ansieht und oft losgelöst von sozialer Gerechtigkeit stand.

Einige weiße Aktivist*innen inszenieren sich (oder taten dies) als „Retter*innen“ des Klimas, was einhergeht mit dem Entwicklungs-Narrativ eines Globalen Südens, der „gerettet“ werden müsse und dem damit eine eigene Stimme abgesprochen und der in eine passive Opferrolle gedrängt wird.

Dabei wird außerdem oft ignoriert, dass es viele BIPOC gibt, die sich gegen Klimawandel und für Umweltschutz engagieren. Stattdessen wird BIPOC sogar oft ein fehlendes Interesse am Thema unterstellt. Es sind aber besonders die seit über 500 Jahren existierenden antikolonialen Kämpfe des Globalen Südens, die jenes System bekämpfen, das die Klimakrise hervorgebracht hat.

Wenn wir also begreifen, dass das koloniale Denken die Wurzel der Klimakatastrophe ist, heißt das, dass die Befreiung und Bekämpfung des kolonialen Denkens auch ein Kampf für das Klima ist.

[Quelle: https://www.bundjugend.de/projekte/locals-united/kolonialismusundklimakrise/]

Umgang mit diesen Erkenntnissen:

Wir beschäftigen uns weiterhin mit unserer eigenen Prägung, reflektieren unsere Haltungen und unser Verhalten, beschäftigen uns mit Handlungsmöglichkeiten im Alltag, sprechen mit von Rassismus Betroffenen und versuchen Räume zu schaffen, in denen BIPOC Menschen ihre Themen in den Mittelpunkt stellen. Wir erkennen an, dass die Überwindung von Rassismus eine kollektive Aufgabe ist und uns nur im Austausch mit anderen gelingen kann. Im Arbeitskreis zur Vernetzung mit Most Affected People and Areas tauschen wir uns mit Aktivist*innen im Globalen Süden aus und platzieren ihre Inhalte auch auf unseren Social Media Plattformen und setzen uns für eine Wahrnehmung der Presse dieser Aktivist*innen ein. Wir erkennen an, dass eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe aufgrund von postkolonialen Machtverhältnissen nur schwer erreicht werden kann, und bemühen uns, gesellschaftlich erlernte Muster abzulegen. Wir beobachten es kritisch, wie viel Raum weiße Klimagerechtigkeitsgruppen einnehmen, wollen BIPOC respektvoll zuhören und sie aktiv und ohne Selbstzweck in ihren Kämpfen unterstützen. 

Rassismus und Polizei:

Es ist uns wichtig zu betonen, dass niemals alle Menschen mit denselben Bedingungen in Aktion gehen können. Menschen tragen ihre Privilegien, ihre strukturelle Diskriminierung sowie ihre Erfahrungen aus der Vergangenheit mit. Dies beeinflusst maßgeblich, wie Menschen eine Aktion wahrnehmen und was ihnen währenddessen und danach widerfährt.

Wir sehen die Polizei als strukturell rassistische Institution an. Die Chance ist hoch, dass weiße Menschen in ihrem Leben weniger negative Polizeierfahrungen gesammelt haben als BIPOC. Per racial profiling werden BIPOC öfter kontrolliert und erfahren dort oft rassistische Übergriffe in unterschiedlichsten Formen. Diese reichen von rassistischen Kommentaren bis hin zu Mord durch Polizeigewalt.

Bei Demonstrationen/Aktionen bedeutet dies, dass die Gefahr von Repressionen für BIPOC höher ist als für weiß positionierte Menschen. Die Erfahrung zeigt, dass oft weiße Aktivist*innen in Kontakt mit der Polizei Witze machen und positiv mit ihr interagieren, was Menschen mit Diskriminierungserfahrungen als sehr unsolidarisch empfinden können. Wir bitten weiße Aktivist*innen, ihre Privilegien zu reflektieren und ihren Kontakt mit der Polizei auf das Nötigste zu beschränken. In der Vergangenheit wurden durch bayerische Hundertschaften gezielt BIPOC aus Aktionsgruppen herausgezogen. In Aktion könnte es sinnvoll sein, gefährdete Menschen zu schützen, z.B. indem sie in einem Polizeikessel nicht ganz außen sitzen müssen, ohne dass dabei übermotivierte weiß positionierte Menschen sich als ungefragten Bodyguard aufspielen. Sprecht gerne miteinander darüber, welche Bedürfnisse es gibt, und handelt solidarisch.